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      Rezension aus: Historische Zeitschrift 271 (2000), 
      S. 752-753 
      Dieser Sammelband geht im wesentlichen (bis auf 
      drei zusätzlich aufgenommene Aufsätze) auf eine Studientagung zurück, die 
      1995 an der Thomas-Morus-Akademie in Bergisch Gladbach zu dem Thema 
      „Konfessionalisierung im Bergischen Land“ durchgeführt worden war. Einer 
      Studientagung entsprechend, in welcher nicht nur das Fachpublikum 
      angesprochen werden soll, stehen einführende Überblicksdarstellungen neben 
      Detailstudien, die die Diskussion über das Konfessionalisierungskonzept 
      anregen werden. 
      Die 17 Beiträge wurden 
      durch die Herausgeber in drei Teile untergliedert. In dem ersten Teil 
      diskutieren Stefan Ehrenpreis und Winfried Schulze das 
      Forschungskonzept „Konfessionalisierung“ als solches. Darauf folgen acht 
      Beiträge (Wilhelm Janssen, Stephan Laux, Thomas P. Becker, Stefan 
      Ehrenpreis, Gregor Horstkemper, Rudolf Mohr, Bernhard Ruthmann, Harm 
      Klueting) zum Komplex „Politische Strukturen und Konfessionsbildung“. 
      Schließlich werden acht weitere, recht unterschiedlich gelagerte Studien
      (Kurt Wesoly, Volkmar Wittmütz, Wolfgang Motte, Hans Joachim de 
      Bruyn-Ouboter, Wera Groß, Burkhard Dietz, Jörg Engelbrecht, Wolfgang 
      Degenhardt) unter dem Begriff „Aufbau konfessioneller Strukturen und 
      die Konfessionalisierung in der Gesellschaft“ zusammengestellt. 
      Die Tragweite des 
      Konfessionalisierungsparadigmas wird in jüngster Zeit immer wieder an den 
      sogenannten „Randgebieten“ des Alten Reiches überprüft: an all den 
      Gebieten, die durch ihre randständigere Lage oder durch eine 
      uneinheitliche Entwicklung in konfessioneller Hinsicht zunächst als 
      weniger zentral für diese Fragen angesehen wurden. Auch eine detaillierte 
      Beschäftigung mit der Konfessionalisierungsentwicklung im Bergischen Land 
      war insofern noch bis vor kurzem ein „Desiderat der Forschung“ (S. 8). 
      Schon deswegen ist dieser umfangreiche Sammelband sehr zu begrüßen. 
      Entscheidend aber ist, daß die Konfessionalisierungsforschung durch die 
      immer wieder in den Mittelpunkt gestellte Sicht „von unten“ (explizit 
      gefordert in dem Einführungsbeitrag von Stefan Ehrenpreis) nicht 
      unwesentlich vorangebracht wird. Dabei erweist sich das 
      Konfessionalisierungsparadigma, insofern es den Anspruch der Beschreibung 
      eines „Kardinalvorganges“ erhebt (vgl. Beitrag Winfried Schulze), 
      als ergänzungsbedürftig, wenn es auch explizit nicht grundsätzlich über 
      Bord geworfen werden soll (Stefan Ehrenpreis, S. 10). Die in der 
      „Forschung behauptete Koalition von Territorialherrschaft, staatlicher 
      Bürokratie und Kirchenleitung“ (S. 11) wird jedoch in zahlreichen 
      Beiträgen in Frage gestellt (wichtig sind in diesem Zusammenhang vor allem 
      die Beiträge von Thomas P. Becker über die katholische Reform in 
      der Christianität Deutz und von Stefan Ehrenpreis über die 
      Täufergemeinden im Herzogtum Berg). 
      Interessant ist darüber 
      hinaus, daß die Perspektive auf die „reinen Konfessionalisierungsfragen“ 
      innerhalb des Herzogtums Berg sowohl in territorialer Hinsicht (mit Blick 
      auf Hessen durch Gregor Horstkemper; mit Blick auf Köln durch 
      Bernhard Ruthmann und Burkhard Dietz; mit Blick auf das 
      Siegerland durch Wolfgang Degenhardt) aufgebrochen als auch durch 
      eine thematische Erweiterung aufgefächert wurde. So schreibt Wolfgang 
      Motte über die Armenversorgung, Hans Joachim de Bruyn-Ouboter 
      über das Schulwesen und Jörg Engelbrecht bespricht die Tragweite 
      der These von der „protestantischen Ethik“ am Beispiel des Bergischen 
      Landes. Diese und andere, eher beschreibende Darstellungen, die ich im 
      Rahmen dieser Rezension nicht einzeln besprechen kann, stellen zwar gewiß 
      eine Bereicherung des Blickfeldes dar, sind aber nicht selten ausufernd 
      und allgemein geblieben. Hier hätte eine straffere Korrekturtätigkeit der 
      Hrsg. gutgetan. Ingesamt aber sind in dem vorliegenden Sammelband wichtige 
      Beiträge zusammengestellt worden, denen eine weitreichende Rezeption zu 
      wünschen wäre. Ein Bibelstellen-, Personen-, Sach- und Ortsregister runden 
      die Publikation ab. 
      Renate Dürr, 
      Frankfurt a.M. 
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